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Verbleib des 1944 geretteten Danziger Paramentenschatzes im Lübecker St. Annen Museum

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Aus: Preußische Allgemeine Zeitung Nr. 11 vom 17. März 2023 ©


GESCHICHTE & PREUSSEN


DANZIGER PARAMENTENSCHATZ


Schatz zu verschenken


Die Evangelische Kirche möchte deutsches Kulturgut in polnische Hände geben


VON FEDOR M. MROZEK


Es war einmal eine Zeit, da wurden Schätze gehütet und manchmal geraubt, auf die eine oder andere Weise erfuhren sie jedenfalls Wertschätzung. Heutzutage kann man mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, wie sich die deutsche Politik darin ergeht, Kulturgüter als sogenannte Raubkunst vorgeblich zurückzugeben. Ein Beispiel hierfür präsentierte jüngst die Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock, als sie in der ehemaligen britischen Kolonie Ghana einige Exemplare der Benin-Bronzen, die deutsche Museen im Vereinigten Königreich erstanden hatten, als vermeintlich deutsche koloniale Beutekunst aushändigte.


Auf diesen Pfaden wandelt nun die Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (UEK). Am 8. Dezember vergangenen Jahres unterzeichnete sie eine Absichtserklärung mit dem römisch-katholischen Bistum Danzig-Oliva und der ihr zugehörigen Gemeinde der Marienkirche, gemäß der eine Sammlung von religiösen Textilien, berühmt als Danziger Paramentenschatz, in polnisches Eigentum übergehen müsse. „Sie sind edel und kostbar, byzantinische Seiden, mit Gold bestickt, Kirchengewänder und Textilien aus dem 14. und 15. Jahrhundert.“ So machen die „Lübecker Nachrichten“ ihren Artikel vom 5. Februar dieses Jahres auf, in dem unter dem Titel „Streit um edle Gewänder“ von dem drohenden Verlust für Lübeck berichtet wird.


Vergleichbarer Fall im Jahre 2020

Die bislang im Lübecker St. Annen-Museum sowie im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg verwahrten Stücke sollen dem Beispiel des Dreifaltigkeitsaltars der Georgsbruderschaft folgen, der die Wirren des Zweiten Weltkrieges in der deutschen Hauptstadt überstanden hatte. „Über Jahrzehnte war die Predella an die St. Johanniskirche Berlin-Moabit, das Retabel an die Gemäldegalerie Berlin ausgeliehen. Dieser Altar ist im Jahr 2020 in die Marienkirche Danzig, seinen angestammten Ort, zurückgekehrt. Auf Initiative der UEK und vorbereitet durch hochrangige persönliche Begegnungen zwischen Vertretern unserer Kirchen hatten die UEK und die Marienkirche Danzig in Verbindung mit dem Bistum Danzig einen Schenkungsvertrag geschlossen“, wie es in einem Schreiben des Amtsbereichs UEK im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Gestalt seines stellvertretenden Leiters Martin Evang vom 24. Januar dieses Jahres heißt.


Reaktion seitens der OMV

In seiner Antwort erhob Manfred Lietzow, seines Zeichens Landesehrenvorsitzender der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung (OMV) der CDU Schleswig-Holstein und OMV-Kreisvorsitzender im Lübeck benachbarten Ostholstein, Protest unter Verweis auf den Umgang mit deutschen Kulturgütern östlich von Oder und Neiße: „Es ist sicher richtig, im Rahmen christlicher Versöhnung in einem guten Verhältnis auch mit unserem stets schwierigen Nachbarn Polen zu leben, jedoch kann es nicht sein, Millionenwerte deutschen Kulturgutes wie die ‚Danziger Paramente‘ ohne Gegenleistung an einen Staat zu geben, der sich bis heute weigert, seine Beutekunst an Deutschland zurückzugeben. Wenn immer von ‚Rückgabe‘ der ‚Danziger Paramente‘ bei der UEK gesprochen wird, ist dies ein falscher Begri; denn ich kann nicht zurückgeben, was mir, in diesem Fall der Ev. Kirche in Deutschland, gehört!“ Über diese zwingende sprachliche Logik hinaus verweist Lietzow auf während des Zweiten Weltkrieges zum Schutz vor alliierten Bombenangrien nach Osten verlagertes umfangreiches Kulturgut, darunter die als „Berlinka“ bekannte Sammlung aus Berliner Bibliotheksbeständen des Preußischen Geheimen Staatsarchivs in der Jagiellonen-Universität Krakau, die zunächst von deutscher Seite im niederschlesischen Benediktiner-Kloster Grüssau und auf Schloss Fürstenstein in Sicherheit gebracht worden waren, bevor sie unter Billigung der UdSSR in die polnische Krönungsstadt kamen. Von mittelalterlichen Handschriften reicht die Hunderttausende Stücke zählende Sammlung über Autographen deutscher Geistesgrößen wie Luther, Goethe und Schiller bis hin zu Musikalien der Komponisten Bach, Beethoven und Mozart. „Bis heute verweigert Polen die Herausgabe dieser Beutestücke. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung von 1907, …“, so Lietzow weiter aus völkerrechtlicher Perspektive. Er schließt mit dem moralischen Appell: „Was würde wohl der letzte Marienpastor von Danzig, Pastor Dr. Gülzow, dazu sagen, würde er noch leben und hören, wie seine unter großen Mühen nach Lübeck gerettete Restsammlung von 108 Danziger Paramenten an Polen verschenkt werden. … Als gebürtiger Lübecker und Sohn eines in der Danziger Niederung geborenen Vaters werden Sie sicher verstehen können, dass ich neben vielen Danziger Flüchtlingen für die Auslieferung der Danziger Paramente an Polen kein Verständnis habe und schwer enttäuscht bin von der Entscheidung der UEK/EKD! Den Landsmannschaften erweisen Sie einen Bärendienst mit der Paramenten-Verschenkung, und glauben Sie mir bitte, sie werden weiter für den Verbleib in Deutschland kämpfen!“


Die Geschichte der Paramente

Die Nennung von Pastor Gerhard M. Gülzow führt zu der Frage, wie der Oberkonsistorialrat die Paramenten-Rettung in den Westen vollbracht hat. Ein Zeitzeuge und erklärter Freund des verstorbenen Pastors Gülzow schilderte in einem Brief aus dem Jahre 1993: „Als diese Gemeinde vor der anrückenden russischen Armee flüchtete, hat ihr Leiter, Pastor Gülzow, den vertrauenswürdigsten Familien je eines der wertvollen alten Paramente mitgegeben und einen Rest selbst mitgenommen. Pastor Gülzow hat in der Lübecker Schwesterkirche Aufnahme gefunden, er wurde Pastor an der Luther-Kirche. Von dort aus hat er Verbindung zu seinen verstreuten Gemeindemitgliedern aufgenommen und die Paramente wieder eingesammelt.“ Ursprünglich gab es an der Danziger Marienkirche, die von 1343 bis 1502 errichtet worden ist, etwa eintausend Stücke. Zu den Gründen schreibt der Oberstudiendirektor a.D. Hans-Jürgen Kämpfert: „Das mag darin begründet sein, dass Danzig damals zu den größten und reichsten Städten Europas gehörte mit Handelsbeziehungen, die über Europa hinaus reichten. An St. Marien in Danzig, 1945 die fünftgrößte Kirche der Welt, wirkten um 1500 123 Pfarrer und Kapläne am Hochaltar und an den 46 Altären der Patrizierfamilien, Bruderschaften und Zünfte.“ Nachdem die selbständige Stadtrepublik unter dem Schutz der polnischen Krone 1557 die Religionsfreiheit erlangt hatte, mutierte die Oberpfarrkirche zur größten evangelischen Kirche der Welt, in der gleichwohl die Paramente teils in Altären verborgen und in Seitenkapellen eingemauert die Jahrhunderte überdauerten, bis eine neue Wertschätzung einsetzte, die sich zum Beispiel im käuflichen Erwerb eines Viertels der Stücke durch das Berliner Kunstgewerbemuseum 1875 zeigte. Nachdem die in Thüringen ausgelagerten knapp 200 Paramente von der DDRRegierung 1961 an Polen ausgehändigt worden waren und nunmehr im polnischen Nationalmuseum in Danzig zu sehen sind, verblieben in Lübeck rund 100 Exemplare, von denen einige nach einer etwaigen Weitergabe an die polnische Kirche quasi als Trostpflaster mittels Leihgaben weiterhin an der Trave präsent sein sollen.

Von der Lübecker CDU-Landtagsabgeordneten Anette Röttger wird das Vorgehen der UEK dennoch bedauert: „Das sind hohe ideelle Werte, die man nicht mit Geld bezahlen kann und die nach einer Fluchterfahrung noch einmal viel, viel schwerer wiegen.“


Argumentation Polens

Zur polnischen Berufung auf eine Konvention der UNESCO, gemäß der im Kriege von ihrem Standort entfernte Kunstgegenstände nach Beendigung der Kampfhandlungen an ihren Ursprungsort zu restituieren sind, hieß es schon 1984 in der Ausgabe Nr. 21 von „Unser Danzig“, dem Mitteilungsblatt des Bundes der Danziger, vom damaligen Bundesvorsitzenden Helmut Roick: „In Auswirkung dieser Vereinbarung hat es Rückführungen an betroene Staaten gegeben. U. E. ist jedoch eine andere Sachlage vorhanden, wenn es sich um die Rückführung in Gebiete handelt, aus denen die angestammte Bevölkerung vertrieben worden ist. Das gilt für die unter polnischer und russischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete. Milliardenwerte sind dort verblieben und werden genutzt. Nur wenig konnte von den von Deutschen geschaenen Kunstwerken in den Westen gerettet werden. Sie gehören dem deutschen Volk und sollen dort verbleiben, wo sie sich heute befinden. Jeder Forderung nach einer Übergabe der geretteten Kunstwerke ist energisch zu widersprechen.“


Fedor M. Mrozek stammt väterlicherseits aus Danzig-Oliva und ist Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Schleswig-Holstein und Vizevorsitzender der Landsmannschaft der Danziger in der Landeshauptstadt Kiel.

Im Lübecker St. Annen-Museum: Der Paramentenraum

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